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Mein Name ist Lothar A. Baltrusch. Seit 2009 habe ich ein Patenkind in Vietnam: Thi Thao Huyen Pham. Anfang Mai 2013 bin ich durch 8 Länder gefahren über 15.000 km weit um sie zu besuchen. Hier meine Erlebnisse.

Monatsarchiv: Juni 2013

Tag 28 – 13.06.2013 – Ulaanbaator (Mongolei) – Saymashand (Mongolei) 466 km

14. Juni 2013 Saymshand (Mongolei) Patenkind(er), Presse, Unterstützer, Vietnam-Reise 2013 0

Ich bin kein Held – hab ich auch nie behauptet. Der Tag fing sehr nett an. Das letzte Frühstück, die letzten Worte mit Dimitri und Sibylle und ab ging es Richtung „Border of China“.

50 km nach der Stadt begann die Steppe, wunderschön im Licht des Morgens, rechts und links von der schönen neu asphaltierten Straße aus zu sehen. Ich freute mich auf die kommende Nacht  unterm Sternenhimmel – doch es sollte alles anders kommen.

Nach weiteren 200 km hörte die Straße auf und wir mussten auf die Steppe ausweichen – Sandsteppe !!! Meine schlimmste Befürchtung wurden wahr. Aber wer A sagt … doch das B wie Bums hat nicht lange auf sich warten lassen.

 

 

Ein paar Minuten später legte ich die BMW auf die Seite. Alles gut gegangen – war einfach zu wenig Gas und zuviel Sand. Also – aufstellen und weiter. Das „weiter“ dauerte ganze 15 Minuten. Dann legte ich mich wieder hin – diesmal aber etwas, na sagen wir mal – intensiver.

 

Mein rechtes Bein war eingeklemmt zwischen Alukoffer und hinterer Fußraste, ich lag unter dem Bike, zwar weich im Sand aber ich konnte den Fuß nicht wegziehen. Ausbuddeln ging auch nicht, da sonst der Sand von der „Kofferauflageseite“ (tolles Wort) nach unten gerieselt wäre und das Bike mehr und mehr meinen Fuß abgedrückt hätte. Also: Erstmal n Foto machen !

In der Zwischenzeit hat Andreas gedreht und kam mir zur Hilfe. Bike hingestellt und … weiter. Aber auch das dauerte gerade mal 20 Minuten und wir hielten an. Ich hatte Angst weiter auf Sand zufahren – oder hatte ich Respekt ? Egal wie man es nennt – ich war nicht in der Lage die „unbekannten Kilometer“ zu fahren. Also haben wir beschlossen, dass Hans-Jürgen das Bike fährt – immerhin ein alter Steppenhase und ich den Transit. Mir tat der Unterschenkel weh aber das Fahren im Transit gut. So ging es bis nach Saymshand.

Es zogen dunkle Wolken auf. An Campen war nicht zu denken. Regen kam auf und Wind und wie sollte es auch anders sein – Gewitter. Die Straße – die wieder da war – wurde leicht schmierig und der Wind spielte mit uns, allerdings sehr fies.

 

 

Danach wurden wir mit einem Regenbogen in der (östlichen) Wüste Gobi entschädigt. Wir erreichten Saymshand – ein Ort, den Gott vergessen hat. Dubiose Gestalten, immer leicht angeheitert, sprangen auf der Straße rum. Das Hotel – ein Loch über einer Karaokebar und voll mit ordentlich „betankten Leuten“. Die Bikes standen in einem Tiefgaragenloch, die Betten waren hart wie ein Brett. Zum Abendbrot gab es Chips ! Ich ging müde, erschöpft und mit Wut im Bauch ins Bett. Wollte und will immer noch, die gesamten Kilometer bis Huyen auf dem Bike fahren, doch nun fehlen 200 km. Aber – ich bin kein Held – die Vernunft hat gesiegt. Und was Hans-Jürgen betrifft, da hab ich den höchsten Respekt vor dem, was er da mit dem Bike in der Steppe hingelegt hat !

Und noch etwas ist mir aufgefallen. In Ulaanbaator haben wir getankt. 41.700,00 Tögrök hab ich bezahlt. Nach knapp 200 km hörte die Straße auf. Kurz vorher sah ich ein Auto mit der Zahl 417 auf der Heckklappe. Kurz bevor das Gewitter anfing, sah ich am Straßenrand die Kilometrierung: 417. Als ich später zufällig auf die Uhr schaute, war es in Deutschland 14:17 h ! Seit ewig langer Zeit, „verfolgt“ mich die Zahl 417. Wieso ? Das würde ich auch nur zu gerne wissen. Keine Ahnung. Aber so ist es nun mal – vielleicht bekomme ich ja in Vietnam die Erklärung.

Gesamtkilometer: 9.420 km

 

 

 

 

Bilder des Tages

 

Tag 27 – 12.06.2013 – Abschied vom Oasis in Ulaanbaator

12. Juni 2013 Ulaanbaator / Mongolei Patenkind(er), Presse, Unterstützer, Vietnam-Reise 2013 9

Die Ruhe hat ein Ende – die Straße ruft. Seit dem 7. Juni haben wir Anker im Oasis geschmissen. Länger als geplant. Aber die Zeit tat gut – wir brauchten sie. Wir haben die Seele baumeln lassen, mit den Anderen Geschichten ausgetauscht (DimitriWalter & Marion) ausgetauscht, die Bikes gewartet, den Transit gewaschen. Zwei Dinge sind hängen geblieben, die Herzlichkeit von Sibylle, die das Oasis nach 18 Jahren aufgibt und nach Afrika geht und die Bilder vom Besuch bei World Vision. Diese werde ich nicht vergessen. Unser „Mitfahrer“ der ersten Tage – Bernd Degwer hat sich gemeldet. Er packt auf die Summe, die wir für das Projekt geben, 100 Euro drauf. Danke Bernd !

Ich habe meine Homepage auf Fordermann gebracht – schaut mal unter “Galerie”. Da habe ich versucht alle Länder zu „bebildern“. Viele habe ich bislang noch nicht veröffentlicht. Sind zwar nicht immer in chronologischer Reihenfolge – aber … . Somit habt ihr wenigstens einen kleinen Eindruck von der Fahrt.

An dieser Stelle ein fettes DANKE an die Unterstützer des Projekts “Way to Huyen”. Danke auch an die vielen Leser. Eure Kommentare sind mir sehr wichtig. Leider kann ich nicht immer zurück schreiben, da mir doch die Zeit fehlt. Nun sind wir schon seit knapp 4 Wochen unterwegs – es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Ich habe das Zeitgefühl verloren. Weiß manchmal nicht was für ein Wochentag ist. Oft muss ich rechen, welche Uhrzeit in Deutschland ist, damit ich meine Lieben nicht aus dem Bett schmeiße.

Ich vermisse meine Frau, unseren Sohn und unseren Hund Lady. Denke oft an sie.

Jetzt liegt China vor uns. Fast 700 km müssen wir in den nächsten zwei Tagen schaffen. Einige sprachen von fast 200 km Sandpiste !! Da geht das Vorderrad bis zur Felge in den Sand und bremst das Bike in Sekundenschnelle von 70 auf 0 km/h ab. Dazu kommen die Seitenkräfte, der Lenkkopf geht nach links und/oder rechts und du kannst nicht mehr steuern. Darauf habe ich keinen Bock. Tipp bekommen: Straße verlassen und über die Steppe parallel fahren. Andreas hat sich schlau gemacht. Die Straße bis zur „Border of China“ sei mittlerweile eine geteerte Straße. Lassen wir uns überraschen.

Die nächste Nacht werden wir wieder in der Steppe verbringen. Wir haben Lebensmittel, Wasser und genug Sprit. Der Sternenhimmel und die „Lautlosigkeit“ können kommen.

 

Dann werde ich mich wohl das letzte Mal per Sat-Telefon melden können. Denn die Chinesen dulden keine Satgeschichten in ihrem Land. Wir hörten von einem Abenteurer, dem hat man die Anlage abgenommen. Also werde ich das Gerät auf die Bikes „in Teilen“ verteilen und in China selbst auf WiFi hoffen. Durchaus möglich, dass dieses nun das letzte Zeichen von mir ist – für 14 Tage.

Dann sind wir an der Grenze zu Laos und ich bin wieder ein Stück näher bei Huyen.

Lothar

Galerie Link

Mongolei 07.06.2013 – 14.06.2013

12. Juni 2013 Mongolei Galerie 0

Tag 26 – 11.06.2013 – Besuch bei World Vision – Toligoit ADP in Ulaanbaator

11. Juni 2013 Ulaanbaator / Mongolei Gedanken, Patenkind(er), Presse, Unterstützer, Vietnam-Reise 2013 7

Ich habe damit gerechnet. Dieser Besuch ging mir ans Herz. Aber ich habe auch das Funkeln in den Augen der Kinder gesehen und auch durch die Infos der Mitarbeiter – die Hoffnung gesehen. Dieses Projekt – Toligoit – wird ausschließlich von Paten aus Deutschland betreut. Es ist eins von vielen in der Umgebung von Ulaanbaator. 1901 Kinder sind registriert, 1310 bekommen Unterstützung aus meinem Heimatland. Die Dunkelziffer ist unbekannt. Im Winter leben die Menschen unter der Straße in der Kanalisation, der einzige Ort, der Wärme verspricht. Wir haben die Ärmsten der Armen besucht. Sie leben von dem, was die Anderen wegschmeißen – die Müllkippe ist ihr zu Hause und ihr Arbeitsplatz. „Lieber hier etwas finden und verkaufen, als anderen Menschen was zu klauen“, sagte mir der 9 jähriger Munkhzorig (ihr seht ihn auf den Bildern). Regelmäßig kommt der “Mobile Doc” im World Vision Transit. Er untersucht die „Dump Childs“ – die Müllkinder – kostenlos. Viele von ihnen leiden an Atemsbeschwerden oder an Hautausschlag. Die Sterberate ist hoch. Die folgenden Bilder – ohne Kommentar.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der BVB hat mir vor langer Zeit eine Tasche mit Sportsachen gegeben. Diese verteilten wir unter den Kindern. Die Augen der Kinder leuchteten und sie bedankten sich mit Gesten. Ein unbeschreiblicher Moment für mich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Anschließend ging es in eine Siedlung. Dort besuchten wir einen Vater mit seinen zwei Kindern. Der Junge arbeitet auf dem „Black Market“ – auf dem Schwarzmarkt. Das Mädchen versucht sich zu Hause. Die Mutter der Kinder ist vor einigen Monaten gestorben, der Vater ist schwer krank. Vor wenigen Wochen brannte dann auch noch sein Ger ab, World Vision organisierte den Neuaufbau. Als wir wieder im WV-Van saßen,  sah ich die BVB-Tasche. Ich ging noch einmal zu ihnen. Der Junge bekam Turnschuhe, dem Vater gab ich drei dicke Trikots. Er bedanke sich mit Worten, die ich nicht verstand, er nahm meine Hände und küsste sie.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ging zu einem Kindergarten, quer durch das Armenviertel Ulaanbaators. Hier in diesem Kinderhort, werden Kids zwischen 3 und 15 Jahren betreut, während ihre Eltern draußen das Kultivieren und den Anbau der Felder beigebracht bekommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Kinder haben für uns gemalt. Es gab Herzchen mit „I love you“ auf mongolisch und liebevoll gebastelte Sachen. Wir lungerten mit den Kids auf dem Boden rum und „sprachen“ eine Sprache.

 

 

 

 

 

 

Danach wurde es „musikalisch“. In einer Schule für junge Erwachsene bekamen wir ein Konzert geboten. In Tracht und original Instrumenten spielten sie uns etwas vor. Ich habe auch versucht auf der „Pferdekopfgeige“ zu spielen – fürs Foto war es OK. Letzte Station war eine Schule für Näherinnen. Hier lernen sie das Handwerk und können später davon leben.

Der Tag war eine Achterbahn. Zwischen „Herzbluten“ und „Herzhüpfen“ war alles dabei. Er war sehr berührend.

Noch einen Satz zu den „Dump Childs“. Munkhzorig hat es mir angetan. Ich werde vom “Way to Huyen” Konto 500,- Euro nehmen und diese zur Verfügung stellen. Hans-Jürgen gibt noch mal 250,- dazu. Dieses Geld ist für die Müllkinder. Das soll einen Start ermöglichen !

Wir können – das heißt ich kann – mich nicht einfach auf mein Bike setzen und dann Richtung China fahren und das alles hinter mir lassen. Wir werden einen Tag länger im Oasis bleiben. Donnerstag geht’s also erst Richtung China. Melde mich also Morgen wieder …

In Gedanken … Lothar

Tag 25 – 10.06.2013 – Mit dem Bike durch Ulaanbaator

10. Juni 2013 Ulaanbaator / Mongolei Patenkind(er), Presse, Unterstützer, Vietnam-Reise 2013 2

Heute bin ich mutig gewesen. Die Hälfte der Mongolen lebt in der Hauptstadt. 1,6 Millionen. Und es gibt eine Hauptstraße. Noch Fragen ? Das ist so, als würde man beim Heimspiel des BvB extra über die B1 fahren wollen und das den ganzen Tag, jeden Tag ! Bleibst Du eine Sekunde länger stehen als dein Vordermann – gibt es ein feines Hubkonzert. Jede Lücke wird genutzt, quer über die Bahn, wenn man auf die gegenüberliegenden Seite will. Rote Ampeln sind toll anzusehen, mehr nicht.

Ich war bei „Ochirsux“ – auf Deutsch – „die starke Axt“. Ein kleines Geschäft im Hinterhof. Niemals würde man in Deutschland solch einen Laden betreten – hier ist so etwas Standard.

 

 

Flavor heißt der Besitzer. Täglich sitzt er in diesem Keller und fertigt Silberschmuck an. Ich hatte etwas vom Baikalsee aus Russland mitgebracht, dass wurde durch Flavor’s Hände zum Schmuckstück. Wer es bekommt ? Geheimnis!

 

 

Es ging später quer durch die Stadt. Ein pulsierender und aufstrebender Ort, allerdings mit dem Flair aus 1000 und einer Nacht. Die Häuser verfallen, vom Wind gehöhlt, von der Sonne verdört. Die Nebenstraßen verstaubt und die Fläche gleicht einer Mondlandschaft.

Dazwischen buntes Treiben. Die Frauen, wie schon in Russland, immer hübsch anzusehen. Die Männer immer mit schwarzen Schuhen und Stoffhosen. Alle achten auf „Style“. Hin und wieder ältere Menschen in Trachtenmode. Lange schwere Gewänder in grellen Farben. Die Jugend liebt es eher lässig.

Es war die erste Fahrt seit ein paar Tagen. Die neuen Reifen sind noch nicht so griffig aber ich denke bei den Rüttelstraßen wir das schon bald kein Thema sein. Ich blieb an einem Supermarkt stehen. Innerhalb von nur 30 Sekunden war mein Bike umringt von Menschen. Und dann gings wieder los. Knöpfchen hier, Knöpfchen da. Es wurde gestreichelt und getatscht. Ich liebe die Mongolen – ein sehr offenherziges Volk – man muss sie nur lassen.

Wir genießen echt die freien Tage hier im Oasis. Momentan sitzen wir in der Sonne. Geschlafen wird in einem Ger – das traditionelle Haus der Steppennomaden. Es ist einfach eingerichtet – wenn es kalt wird, können wir den Ofen amnachen.

 

 

Die Leute, die wir hier treffen, sind „völlig crazy“. Dimitri, der französisch/russiche Wurzeln hat, stammt aus den Staaten. Er umreist die Erde nur mittels Beinkraft. Zwei Schweizer, die nach Wladiwostok wollen und von dort über den Ozean nach Vancouver wollen und dann weiter nach Feuerland. Zwei Mädels aus Österreich, die per Rucksack unterwegs sind … und so weiter. Alle jagen einem Traum nach. So viel erleben, so viel sehen, wie nur möglich. Und etwas verbindet uns – Machen, statt Quatschen !

Lothar