Der Tag begann mit Regen. Dicke Wolken hingen über dem Baikalsee. Die Temperatur um die 5 Grad – kein Bikerwetter aber da mussten wir jetzt durch. Wir fuhren mitten durch die Wolken, so tief hingen sie. Die Sicht, keine 5 Meter also gaaaanz vorsichtig. Nach knapp 80 Kilometer riss das Wetter auf – Sonne. Links der Baikalsee, der uns mehr und mehr, aus dem Nebel herraus, seine Schönheit präsentierte. Zwischen uns und dem See, die “Transsibirische Eisenbahn”. Immer wieder zog das Ungetüm aus sozialistischem Stahl über die starre Trasse. Quälend das Signalhorn.
Wir „wedelten“ uns trocken. Es ging durch kleine Dörfer. Mittlerweile habe ich mich an den Anblick gewöhnt. Alte Holzbaracken, staubig, Ton in Ton, kaputt. Doch wahrscheinlich sind viele stolz auf „ihr Eigentum“. So verschiebt sich für mich das Wertegefühl. Was haben wir für einen Reichtum zu Hause und sind oft nicht zufrieden. Auf den lehmigen Straßen spielen Kinder, wie überall auf der Welt. Mädchen und Frauen stolzieren in Nylons und hohen Schuhen über den Staublaufsteg – ganz zur Freude der Männer. Ohnehin legt die Weiblichkeit einen hohen Wert auf ihr Äußeres. Männer sitzen unterm Baum und trinken Kaffee oder etwas Hochprozentiges. Manchmal spielt jemand Akkordeon – ein altes russisches Volkslied. Ich verstehe kein Wort aber es hört sich nach Vaterland und Babuschka, nach Stolz und „Freiheit“ an und es bewegt mein Herz. Hunde haben hier nur einen Zweck – Haus und Hof beschützen, deshalb fristen sie ihr Dasein an der Kette. Aber s gibt auch die Rumtreiber. Sie lungern in der Nähe der Menschen rum, in der Hoffnung einen Brotkrummen zu bekommen. Oft haben sie sich zu einem Rudel zusammen gerottet, manchmal jagen sie uns, wenn wir mit den Bikes vorbeifahren.
Wir erreichen sommerliche Temperaturen, sind trocken gefahren, die Luft ist sauber und erfrischend. Da, am Straßenrand eine junge Frau, die Fisch verkauft. “Omul” heißt er und der Baikalsee ist die einzige Brutstätte weltweit, die diesen Fisch beherbergt. Frisch geräuchert in einer Tonne, die im früheren Leben bestimmt ein Ölfass war – über Birkenholz. Ich habe gesagt – ich werde alles probieren, also … Lecker. Ohne Zutaten, einfach nur das Aroma des Rauches.
Wir schleichen weiter durch die Landschaft – Richtung Ulan Ude. Der Baikalsee ist unser ständiger Begleiter. Plötzlich tat sich ein Zugang zum See auf, wir also runter vom “Sibirischen Highway” – etwas Off-Road und dann standen wir vor dem größten Süßwassersee der Welt, auf einer Grasklippe – ganz einsam. Und was soll ich sagen – keine Mücke weit und breit aber dafür 1.000.000 Fliegen. Lästig sind die Biester !! Ein paar Fotos und am Kieselstrand habe ich einen sehr schönen Stein gefunden. Das wird ein Geschenk für … sag ich nicht !
Weiter ging es. Ich habe mich mal etwas von Andreas abgesetzt. Wir fahren sehr gut miteinander – doch manchmal muss ich einfach Gas geben. Sehr vorsichtig – wenn alles frei ist und so war es. Eine lange Gerade, bis zum Horizont nur ich, die Straße und … ein Bussard. Er spielte ein Spiel mit mir. Flog parallel zur Straße an mir vorbei, kreuzte diese in 50 Metern Entfernung, schoss in meine Richtung bis kurz hinter mir, drehte und das Spiel ging von vorne los. Drei Mal zog er dieses Schauspiel ab. Ein Greifvogel und ich im fernen Russland. Ich lächelte unter dem Helm und sprach ein paar Worte Richtung Himmel. “Danke Dir”. Einige wissen was ich meine !!
Später haben Andreas und ich eine Filmsequenz gedreht. Er hatte seine Helmkamera „on“ und ich eine am Bike, in Fahrbahnhöhe. Diesen Film wollte ich bei Youtube hochladen – aber das dauert hier bei dem WiFi 536 Minuten – soviel Zeit habe ich leider heute nicht mehr. Also irgendwann gibt’s den Film zusehen – freut Euch drauf.
Am heutigen Tag haben wir ein wenig die Seele baumeln lassen, uns eingelassen auf die Dinge, die da passiert sind auf den „nur“ 365 km. Das tat auch mal gut. Heute gibt’s noch zur Belohnung ein sehr schickes Hotel in Ulan Ude – kostet aber im Vergleich zu Deutschland sehr wenig. Morgen dann – Leben rustikal ! Wir werden in die Mongolei einreisen und dort den größten Campingplatz der Welt vorfinden. Denn in der Mongolei darf man in den endlosen Weiten der Steppe zelten wo man will.
Ach ja – Andreas ist nun mit seinem Russisch am Ende, ab sofort werden wir mit dem Ding hier kommunizieren.
Kilometerstand gesamt: 8.383 km
Bezüglich des gestrigen Artikels – Stichwort Patenschaft: Es haben sich zwei Leser gemeldet, die wohl jeweils ein Kind auf dieser Welt unterstützen wollen – 1000 Dank dafür. (Du, der das gerade liest, darfst gerne auch 😉 ) In diesem Sinne – Lothar. Und hier noch ein paar Bilder.