Die letzte „Gastiniza“ war sehr sauber – obwohl es eine Truckerabsteige war. Das Frühstück war spärlich aber es machte satt. Wenn man fremde Länder bereist, sollte man bereit sein, seinen Anspruch zu ändern. So ist das nun einmal – überall auf der Welt.
Bevor es auf den Highway ging, ging es in die Knie. Ölkontrolle, Reifendruck – Kette schmieren. Dann auf die Straße. Sie trug uns immer tiefer ins russische Herz. Es war kalt. Die Temperatur ging nicht über 8° aber wenigstens schien die Sonne. 150 km hinter Novosibirsk fanden wir – n Kaffee und n Tee wären nicht schlecht, Wärme von innen. Wir fuhren auf eine abgewrackte Tanke mit einer Bretterbude, die sich Cafe schimpfte. Draußen hing Weihnachtsdekoration. Innen war es warm, ein Fernseher lief, ein Mann saß auf einem Stuhl. Er sprang auf und bot uns sofort einen Platz an. Wir bestellten Kaffee und Tee.
Neben dem „Anschluss zur Welt“ stand ein Tablett mit Piroggen – davon auch bitte Zwei. Was sofort ins Auge fiel, war der riesige Kühlschrank. Voll mit Getränken – wahrscheinlich sein ganzer Stolz. Wie lange reichen die Getränke wohl ? Bestimmt ewig, denn hier hat er nicht gerade den Hammerumsatz. Sein Name war Fauzyllo, er war der Chef dieser letzten Oase. Nicht mehr lange, dann werden am sibirischen Highway nur noch feine, saubere Futterstellen diverser Ketten stehen. Schade eigentlich.
Fauzyllos erzählte von Deutschland. Er war in Frankfurt / Oder beim russischen Militär. Er sei verheiratet, hat 5 Kinder und verdiene den Lebensunterhalt hier in dem Cafe. Nach 10 Minuten fragte er ob wir Schaschlik essen möchten. Natürlich wollten wir – guter Geschäftsmann! Bezahlt haben wir für 2 Tee und 2 Kaffee plus 2 Piroggen und 2 Schaschlik 470 Rubel – also 11,50 Euro !!! Bestimmt sein Tagesumsatz.
Wir machten ein paar Bilder. Mir fiel auf, er hatte aus vielen Teilen der Welt Andenken an der Wand. Geldscheine. Leider hatte ich keine Euroscheine, also gab ich ihm einen „Way to Huyen“ Aufkleber – denn er hatte mittlerweile schon mitbekommen, wieso wir unterwegs waren. Er freute sich tierisch und klebte ihn über die Tür mit dem dreckigen Tuch, das den Eingang zu seiner Küche verbarg.
Danach ging es weiter Richtung Krasnojarsk. Wir fuhren durch ganz unterschiedliche Landstriche. Mal viel Tannen,- mal Birkenwald, mal Felder, immer auf sehr guten Straßen. Seit mehr als 14 Tage bin ich nun im „Training“ – habe viele Untergründe befahren und auch so manches Manöver bewältigt – und jetzt war es Zeit, dies alles zusammen anzuwenden. Wer die B236 von Schwerte-Ergste nach Iserlohn kennt, die für Motorradfahrer immer wieder gesperrt ist, der stelle sich diese doppelt so breit, doppelt so „wedelbar“, einfach doppelt so schön vor. 30 Kilometer nur für Andreas und mich. Vor gut 14 Tagen wäre ich die Kurven so gerade gefahren, da hätte ich ein volles Glas Wasser bis ans Ende gebracht – jetzt wäre im Glas nur noch ein Schluck. Es machte solch einen Bock. Und ich habe mich weder gezwungen gefühlt noch bin ich an meine Grenzen gegangen – nur an das bislang gelernte und niemals mit zu hoher Geschwindigkeit. Es zahlt sich aus, ein über 6000 Kilometer Training auf dem Bike zumachen, bevor man den Berg hinauf und dann wieder hinab wedelt.
Endstation war dann die Gastiniza New Orient. Sauber – einfach – billig und super Essen. Morgen geht’s in Richtung Irkutsk.
Kilometerstand gesamt: 6.542 km.
Einen schönen Abend – ach ja … Morgen, am 2. Juni, hat Andreas Geburtstag. Denke er würde sich über Glückwünsche aus „Germania“ freuen.
Lothar